Aus alt mach anders

Alten Dingen neues Leben einzuhauchen, liegt im Trend der Zeit. Insbesondere, wenn aus bislang ungebrauchten Möbelstücken kleine Kostbarkeiten entstehen, die nicht nur das Auge erfreuen, sondern in neuer Funktion das Leben einfach schöner machen.

Text: Doris Thallinger · Fotos: www.kaindl-hoenig.com
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Die kreativen Köpfe: Raimund Sandhoff und Lukas Lemmel.

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Upcycling nennt sich der Trend, bei dem alte oder mittlerweile nutzlose Gegenstände nicht fachgerecht entsorgt und durch völlig neue Produkte ersetzt werden, sondern in ihrer ursprünglichen Art und Weise mit neuen Funktionen aufgewertet werden. Ein Trend, den ein paar kreative Köpfe im nahen Perwang am Grabensee für sich entdeckt haben. Das Team um Raimund Sandhoff, der sich mit „Stammdesign“ bereits vor vielen Jahren als Vorreiter in Sachen kreativer Möbellösungen bewiesen hat, trumpft nun mit seinem neuesten Streich auf: Alte Möbel mit Charme und Stil, aber ohne Funktion zum Blickfang für den Wohnraum aufzupeppen.

Das Gentlemen’s Möbel

Wie eine Erinnerung an längst vergessene Tage steht er da, der „Ferdinand IV.“. Wo einst das Schwarz-Weiß-Fernsehprogramm lief, präsentieren sich heute wunderschöne Flaschen edler Spirituosen und Gläser aus feinstem Bleikristall. Den Platz des kaputten Plattenspielers haben nun Zigarren eingenommen sowie eine moderne Handy-Ladefläche. Die Musik kommt – auf höchstem technischem Standard – aus den Bluetooth-Boxen, die natürlich ebenso fachmännisch eingebaut sind. Besonderer Clou: das gut versteckte Geheimfach an der Rückseite für große und kleine Geheimnisse.

Edel, stilvoll und einzigartig erfüllt dieses Möbel seine neue Funktion als Barschrank, ausgestattet mit sämtlichen technischen Spielereien, die man sich in heutigen Zeiten wünscht. Dabei ist der „Ferdinand IV.“ nur eines von vielen Beispielen. Vom Schach-Tisch mit integrierter Bar bis zur Standuhr, die alle Sicherheitsanforderungen eines Waffenschranks erfüllt, vom Radiogerät, das – völlig unauffällig – Platz für Flaschen und Gläser bietet, bis zum multifunktionalen Musikmöbel mit Humidor und Uhrenvitrine.

Damals Möbelstück – heute Meisterstück

Für seine kreativen, außergewöhnlichen Ideen ist Raimund Sandhoff schon lange bekannt. Die Idee zu den „Sandhoffs“, so der Name der Möbel, lieferte ihm das Leben: „Mein Schwager hat vor vielen Jahren seine Studenten-WG aufgelöst – am Ende blieb ein altes Musikmöbel übrig, das niemand mehr haben wollte. Er konnte sich nicht davon trennen und hat es, da er nichts damit anzufangen wusste, über all die Jahre am Dachboden gelagert. Als Einstandsgeschenk für sein neues Haus hatte ich die Idee, aus diesem alten Musikmöbel etwas Besonderes zu machen, etwas, das er sich gerne ins Wohnzimmer stellt. So ist der erste „Sandhoff“ entstanden.“ Der größte Reiz daran, einem alten Möbel neues Leben einzuhauchen? Die Emotionen, die Erinnerungen an frühere Zeiten zu erhalten und mit moderner Funktion aufzuwerten!

Vergangenen Sommer wurde die Idee geboren, bei der Alles für den Gast-Messe im November die ersten „Sandhoffs“ zu präsentieren. Seither haben schon etliche der Möbel ein neues Zuhause gefunden.

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Neben der Zigarrenablage wird das Smartphone über die Ladefläche mit Strom versorgt.

Vergessene Schätze

Wer sich jetzt auf die Suche nach alten, fast schon vergessenen Möbelstücken macht, die nur noch im Weg herumstehen, ist auf dem besten Weg, bald einen „Sandhoff“ sein Eigen zu nennen. Wichtig ist laut Raimund Sandhoff und seinem Mitarbeiter Lukas Lemmel, dass es sich um nicht allzu große Möbel handelt, die leicht einen Platz im vorhandenen Wohnraum finden. „Hauptsächlich arbeiten wir mit alten Musikmöbeln“, erklärt Lukas Lemmel, „aber auch andere Stücke finden den Weg in unsere Werkstatt.“

In ihrer Mission sind die Sandhoff-Mitarbeiter auch stets auf der Suche nach alten Möbelstücken, in die sie ihre Energie und Kreativität investieren können. Fündig werden sie hauptsächlich auf Flohmärkten und bei Antiquitätenhändlern. Aus diesen entstehen fix-fertige Sandhoffs, die schließlich zum Verkauf stehen, ebenso bieten sie ihren Kunden aber auch an, ihre individuellen Wünsche und Anforderungen schon bei der Herstellung miteinzubeziehen.

Ein Sandhoff entsteht

Nun ist es aber an der Zeit, einen Blick in die Werkstatt zu werfen. Im ersten Arbeitsschritt werden die Musikmöbel sozusagen „ausgehöhlt“, alles ausgebaut, was nicht mehr funktioniert. „Schon dabei entstehen die ersten Ideen, wie der Innenraum ideal genutzt werden kann“, erklärt Lukas Lemmel. Darauf folgt ein gemeinsames Brainstorming – ein Kreativprozess, der bei jedem einzelnen Möbelstück von Neuem in Gang gesetzt wird. „Natürlich halten wir gern Rücksprache mit dem Kunden. Solange es im sinnvoll machbaren Bereich bleibt, berücksichtigen wir gerne auch ausgefallene Wünsche! Wir setzen um, was möglich ist“, so Sandhoff.

Ist entschieden, welche Funktionen und Aufgaben das neu erschaffene Möbel erfüllen soll, geht es auch schon an die Umsetzung. Die Innenwände werden mit hochwertigen Stoffen von Rettl tapeziert, Spiegel als Rückwände eingesetzt, der Boden meist mit Glas gelegt. Schließlich werden die Lichter und die restliche Technik installiert. Kleinere Schäden am Ursprungsmöbel werden behutsam ausgebessert, wobei größter Wert darauf gelegt wird, die Original-Patina und damit den ursprünglichen Charme zu erhalten und hervorzuheben. „Es muss erkennbar sein, aus welcher Zeit ein Möbelstück stammt, sein Alter macht den Charme aus – und dazu gehören auch die einen oder anderen kleinen Gebrauchsspuren!“, so Raimund Sandhoff. „Ein Oldtimer soll ja nach einer Restauration auch nicht neuer ausschauen als zu dem Zeitpunkt, an dem er vom Band gelaufen ist.“ Und Lukas Lemmel ergänzt: „Wir sind immer wieder voller Bewunderung für diese hohe Kunst des Handwerks, mit der diese alten Möbel erzeugt wurden. Man erkennt an jedem Möbel noch die Handschrift des Tischlers – ein jedes ist ein Unikat.“ Erst recht, wenn es schließlich zum „Sandhoff“ wird.

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Vor traditionell bis freaky: die Stoffe von Rettl 1868 passen perfekt zum Sandhoff-Design.

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