Meridiane – den Menschen ganzheitlich betrachten

Text: Dominic Schafflinger
Fotos: stock.adobe.com – Peakstock, E. Zacherl

Alternative Therapieformen haben den Anspruch, den Menschen stets als Einheit von Geist und Körper zu betrachten. Die Meridianlehre bildet hier keine Ausnahme. Das Konzept von Energielinien, die den Körper durchziehen, verbindet auf faszinierende Weise Extremitäten, Organe und Psyche und findet auch in der modernen Wissenschaft als Behandlungsmethode immer mehr Beachtung.

Nach dem bekannten Salzburger Mediziner und Qigong-Experten Dr. Gerhard Wenzel sind die Meridiane an der Körperoberfläche vorhanden, verbinden die inneren Organe mit allen Geweben und Strukturen des ganzen Körpers und versorgen diesen mit Qi (Vitalenergie). Sind die Meridiane blockiert, entsteht eine Dysbalance im Körper, die verschiedenste Krankheiten auslösen kann und deshalb wieder ausgeglichen werden muss. Denn nur ein Körper, der im Gleichgewicht ist, kann auch dauerhaft gesund bleiben. Aus Sicht der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) ist jeder der 12 Hauptmeridiane einem Organ zugeordnet. Alle diese Meridiane beginnen oder enden an den Fingern oder Füßen. Der Nierenmeridian beginnt beispielsweise unterhalb der kleinen Zehe und steigt an der Innenseite der Beine über die Leiste hoch. Von hier erstreckt sich ein Zweig zum Schlüsselbein hoch, während ein anderer sich über die Nieren mit der Zunge verbindet. Erkrankungen der Organe können an den Reaktionen der Meridiane erkannt und vice versa über diese behandelt werden. So viel zur klassischen Theorie.

Meridianlehre im Einsatz
Verschiedenste Therapieformen arbeiten mit dem Wissen über die heilende Wirkung der Meridiane. Akupunktur harmonisiert den Qi-Fluss mittels feiner Nadeln, die an speziellen Triggerpunkten unter die Haut gestochen werden und Akupressur bearbeitet selbige mit festem Fingerdruck. Zudem werden in der TCM auch Kräuter zur Harmonisierung der Energiebahnen verabreicht. Japanisches Shiatsu ist die manuelle Behandlung der gesamten Meridianbahn, um teilweise tiefsitzende Blockaden zu lösen. Richtige Diagnose sowie Therapieerfolge beruhen auf jahrelanger Erfahrung des Therapeuten, der die individuellen Lebensgewohnheiten und Krankheitsbilder, sowie Konstitution des Patienten richtig einschätzen muss, um die geeignete Therapie zu finden. Shiatsu Experte Marius Omar betont, dass ein ausführliches Vorgespräch und Anamnese die Grundlage jeder Behandlung sein müssen, um eine nachhaltige Wirkung und damit einen wirklichen Benefit für den Patienten erzielen zu können.

Modernste Technologie und altes Wissen
Neben diesen traditionellen Behandlungsmethoden gibt es auch Therapien, die aktuelles technisches Know-how mit altem asiatischem Wissen verbinden und so ganz neue Wege gehen. Ein faszinierendes Beispiel ist die Meridianbehandlung nach Henri Chenot. Der französische Biologe entwickelte diese durch sein tiefgreifendes Wissen über chinesische Medizin, Bioenergetik und Naturheilkunde. „Im Institut Chenot verbinden wir moderne Elektroakupunktur mit sanfter Massage und Unterdruckanwendungen zur Aktivierung der Lymphe. Anstatt der Nadeln werden die Meridiane mit tiefgehenden elektrischen Impulsen aktiviert. Ein bisschen schmerzhaft ist das nur bei wirklich starken Blockaden, für die meisten ist es aber Entspannung pur“, meint Meridianexpertin Daniela Srubar und ergänzt: „Es ist uns wichtig, die körpereigenen Heilungsprozesse anzuregen, damit die Behandlung auf allen Ebenen nachhaltig ist.“ Die Vorabuntersuchung findet mittels Heart-Quest Analyse statt, bei der die Konstitution des Klienten durch modernste elektronische Sensortechnik ermittelt wird. „Das ersetzt aber nie das ausführliche Gespräch“, so Daniela Srubar. Einige Dinge sind aber für den Experten gleich offensichtlich. So zeigt sich ein blockierter Lebermeridian gerne an allzu hartnäckigem Bauchfett. Eine gezielte Behandlung hilft dann nicht nur dabei, lästige Pfunde leichter purzeln zu lassen, sondern entgiftet auch gleich den ganzen Körper. Durch die Harmonisierung des Lebermeridians vermindern sich zusätzlich oft auch Frustration und Aggression und man fühlt sich einfach ausgeglichener.

Forschung am neuesten Stand
Alternative und traditionelle Therapieformen glauben fest an das Vorhandensein der Meridiane, kein Wunder, denn ein altes Sprichwort sagt: „Wer heilt, hat recht“. Obwohl wissenschaftlich noch nicht eindeutig nachgewiesen, gibt es spannende Forschungsergebnisse, die das Meridian-Konzept im Licht moderner, westlicher Neurowissenschaft rechtfertigen. Ein vielversprechender Forschungsansatz bezieht sich auf die Akupunkturpunkte, die entlang der Meridiane verteilt liegen. Studien zeigen, dass sich viele dieser Punkte über tiefliegenden Nervensträngen befinden. Durch deren Manipulation ist es unter anderem möglich, erhöhten Blutdruck zu senken und direkt Hirnregionen anzusprechen, die Schmerzreize verarbeiten. Da die Schmerzen direkt an der Quelle unterbunden werden, können sich zum Teil chronisch verspannte Muskeln sowie angeschlagene Sehnen und Bänder aktiv entspannen und wieder zu ihrem natürlichen Tonus zurückfinden, was eine hilfreiche Schmerztherapie darstellt. Weiters werden durch Druck, Stimulation oder Nadeln Endorphine, Serotonin und Oxytocin aus dem Hypothalamus freigesetzt, sowie die lokale Blutzirkulation angeregt. Die Ausschüttung dieser Hormone und Botenstoffe, kann effektiv Stress entgegenwirken und Behaglichkeit stellt sich im ganzen Körper ein. So erreicht die Arbeit mit den Meridianen oft eine Verbesserung des subjektiven Wohlgefühls auf allen Ebenen und bringt den Hormonhaushalt wieder auf Vordermann.

Bewegte Meridianfitness
Auch selbst kann man aktiv etwas für seine Meridiane tun. Mit japanischen Makko Ho Dehnübungen, Qigong oder Taiji Quan lassen sich die Meridiane mittels mal sanfter, mal intensiver Bewegung aktivieren. Hierbei werden die Meridiane nicht nur gedehnt und Blockaden geöffnet, sondern aktiv Stress abgebaut und der Bewegungsapparat gestärkt. Auch hier gilt es, sich für den Einstieg einen kompetenten Trainer zu suchen, um wirklich das Maximum an Gesundheit für Körper und Geist herauszuholen. Einmal erlernt, kann man die teilweise ganz kurzen Übungsabfolgen dann überall ohne große Hilfsmittel alleine ausführen und hat so seinen Meridianoptimierer immer dabei.