Genuss in vier Akten

Ein Montag Anfang April. Trotz Ruhetag ist heute im Restaurant Novus in der Neutorstraße so einiges los. Sechs Männer haben sich eingefunden, um gemeinsam zu kochen – und vor allem, um zu genießen.

Text: Doris Thallinger · Fotos: www.kaindl-hoenig.com

Inhaber und Chefkoch Bozo Teodorovic, der vor der Übernahme des Restaurants Novus viele Jahre als Privatkoch für Ferdinand Piëch tätig war, hat sich so einiges einfallen lassen, um seinen Stammgästen einen perfekten Männerabend zu bereiten, mit viel Genuss, aber auch der einen oder anderen Herausforderung. Denn: fürs Kochen sind heute die Gäste zuständig, selbstverständlich unter fachmännischer Anleitung.

Gemütlich geht es los – bei Antipasti und Crémant wird die Herangehensweise besprochen. Es gibt einiges zu tun, immerhin ist das Novus bekannt dafür, dass hier alles, wirklich alles hausgemacht ist. Das zeigt sich schon in den Vitrinen, in denen sich selbst erzeugte Säfte, Sirupe, Limonaden, Pestos u.v.m. aneinanderreihen.

Noch wird in der Theorie gefachsimpelt – auf die Frage nach ihrer Kocherfahrung halten sich die Männer erst einmal etwas bedeckt. Der Abend wird es zeigen – vielleicht entpuppt sich ein großes Kochtalent, das Bozo auch künftig in der Küche unterstützen kann. Aufgrund der Platzverhältnisse arbeiten die Männer heute im Zweier-Takt. Vermutlich würden sechs Kochwillige in dieser Küche selbst Bozo, der sich scheinbar durch nichts aus der Ruhe bringen lässt, zu viel werden.

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Tatkräftige Unterstützung bei der Vorbereitung: Sohn Rafael und Tochter Valentina.

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Michael zeigt sich als versierter Hobby-Koch.

Aller Anfang…

Siegfried Reichartzeder und Michael Spitzbart machen den Anfang. Während Michael sich an den Ravioliteig macht, darf Siegfried an die Schneidemaschine: Für das Kartoffel Pavé müssen die Erdäpfel in hauchfeine Scheiben gehobelt werden. Siegfried freut sich, dass die Kartoffeln schon geschält sind. „Das ist ja ein Service hier!“

In der Zwischenzeit erweist Michael sich als Koch mit Erfahrung und jongliert mit gleich zwei Pfannen, in denen die Fülle für die Blutwurst-Ravioli gebrutzelt wird. Ein erster skeptischer Blick auf die Blutwurst – „Hundefutter sieht ähnlich aus.“ Aber das hier schmeckt eindeutig besser! Als „crunchy“ Kontrast werden die gerösteten Toastbrot-Brösel mit der weichen Blutwurst vermengt.

Siegfried kämpft sich immer noch durch den Kartoffelberg. Ja, tatsächlich alle Kartoffeln, die Bozo vorbereitet hat, wollen gehobelt werden! Aber schließlich ist auch das geschafft und die Kartoffelscheiben werden nun mit ordentlich flüssiger Butter vermischt und mit ein, zwei Prisen Salz versehen. „Schön aus den Fingern salzen, wie es die Köche im Fernsehen machen“, weiß Siegfried.

Fliegender Wechsel

Der Rest der Herren hat es sich in der Zwischenzeit gemütlich gemacht – man diskutiert die aktuelle Lage und vergleicht mit den „guten, alten“ Zeiten. Hermann Berger-Söllinger gibt Anekdoten seiner Lehrzeit am Bayerischen Hof zum Besten: „Nach zwei Wochen hab ich mir gedacht, ich will doch nicht in die Küche, ich mache nur die Kellner-Lehre.“ Ob das ein Fehler war, wird sich gleich weisen, denn nun sind er und Dobi Kalinovic am Zug. Dieser zeigt vollen Tatendrang – noch nicht einmal in der Küche fragt er schon: „Was soll ich machen?“ Bozo lüftet sogleich das Geheimnis: Topfen-Nougatknödel auf Rhabarber-Himbeer-Sauce soll er machen. Hermann ist etwas am (Ver-)Zweifeln: „Daheim mach ich nie Desserts…“ Jede Sorge ist unberechtigt. Bozo hat alles perfekt vorbereitet, alles steht mise en place bereit – wie in der Fernsehküche.

Dobi hat schon das Messer in der Hand und schneidet den Rhabarber in kleine Stücke, die Rhabarber-Schalen sind bereits in Prosecco angesetzt, für den intensiven Geschmack und die Farbe, wie Bozo erklärt.

Hermann hat sich fachmännisch an den Topfenteig gewagt, trennt penibel Dotter und Eiklar. Dobi darf das Eiklar nun zu Schnee schlagen, voller Motivation, die Schüssel unterm Arm: „Ich mach das wie meine Oma früher.“ Was da wohl die Oma dazu sagen würde? Wir wissen nur Bozos Meinung dazu: „Was hast du gemacht?!?“ Schließlich wird der Teig für die Topfenknödel dennoch fertig und wandert erstmal ins Kühlfach.

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Spaß am Schneiden: Dobi strahlt.

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Göttlicher Starter: Die gratinierten Jakobsmuscheln

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Die Delikatesse unter den Meeresfrüchten

Für die Zubereitung des allerersten Gangs betreten nun Thomas Stemeseder und Stephan Enenkel die Kochbühne. Während Thomas gleich mal nach dem Thermomix fragt, krempelt Stephan sich schon die Ärmel hoch. Und das ist gut so, denn die Jakobsmuscheln warten bereits. Nun darf Thomas sein Talent im Eier-Trennen unter Beweis stellen. „Nein, bitte kein Foto machen!“

Mittlerweile macht sich ein erstes Hungergefühl bemerkbar, vermutlich mit ein Grund, warum Michael der Küche einen Extra-Besuch abstattet: „Mal schauen, ob ihr auch alles richtig macht!“ Zumindest hat er nichts daran auszusetzen, wie Stephan den Parmesan reibt – bergeweise! „Ich muss wirklich alles reiben? Alles, was da ist?!“ Auch bei Thomas machen sich erste Erschöpfungssymptome bemerkbar, während er das Eidotter über Wasser schaumig schlägt. „Wie lange denn noch?“ Doch schon darf er die flüssige Butter sachte unterheben – und die Sauce Hollandaise ist fertig. Thomas verteilt sie konzentriert auf die einzelnen Jakobsmuscheln. Bozo nickt zustimmend, macht aber auch Druck: „Wenn du jetzt auch noch etwas schneller arbeiten würdest…“ Druck, der von Stephan völlig abprallt, als er den Parmesan darüber streut: „Ich mach das mit Liebe!“

Und das schmeckt man – zehn Minuten später wird es plötzlich ganz still im Novus, nur das leise Schaben der Muschelschalen auf den Tellern ist zu hören. Genuss pur. Um diesen zu vervollkommnen, kredenzt Hermann einen Chardonnay aus Südfrankreich: den Cigalus vom Weingut Gérard Bertrand aus bio-dynamischem Anbau

Genuss garniert mit Gesundheitstipps

Der erste Gang hat vollen Zuspruch erhalten – nun gilt es, dieses hohe Niveau beizubehalten. Bozo treibt zur Eile und schon stehen Michael und Siegfried in der Küche und füllen mit viel Gefühl die Blutwurstmasse in den Ravioliteig. In der Pfanne brutzelt bereits die Butter, was Siegfried mit Wohlgefallen kommentiert: „Hier wird noch mit echter Butter gekocht!“ Michael wird sich seiner Verantwortung als Arzt bewusst und gibt gute Tipps, um die Cholesterinwerte auf natürliche Weise im Zaum zu halten (Flohsamen!).

Nach fünf Minuten im wallenden Wasser sind die Ravioli auch schon fertig und werden, zusammen mit dem Dry Aged Lachs, am Paprika-Weinkraut platziert. Bozo verfeinert mit seinen Kräuter-Essenzen – selbstverständlich allesamt hausgemacht. „Hier gibt es nichts Fertiges – beim Bozo sind wahrscheinlich selbst die Plastikflaschen selbst erzeugt“, meinen die Stammgäste zu wissen.

Großes Lob ernten Küche und natürlich die Köche auch für diesen Gang, ebenso Hermann, der wiederum den passenden Wein ausgewählt hat, den Sancerre „Les Caillottes“ aus dem Hause Pascal Joliver.

Die Stimmung steigt, die Gespräche werden angeregter, die Herren immer entspannter, jedoch: Wer was lernen will, muss kochen. Bozo ruft bereits wieder Dobi und Hermann an den Herd, auf dem bereits zwei schwere Pfannen auf ihren Einsatz warten. Eine für das Kartoffel Pavé – „Pavé ist wie ein Gratin, nur ohne Sahne“, erklärt Bozo, „sozusagen die moderne Form eines Gratins, aus Erdäpfeln, Butter und Salz.“ In der anderen Pfanne wird die Entenbrust auf der Hautseite kurz angebraten, bevor sie im Ofen landet. Währenddessen köchelt das Spargel-Morchelragout (mit frischen Morcheln aus Anthering) vor sich hin.

Mit viel Liebe zum Detail angerichtet und begleitet von einem 2019 Givry 1er Cru „Clos du Cellier aux Moines“ erhält das Gericht die wohl schönste Auszeichnung: Innerhalb kürzester Zeit sind alle Teller leer.

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Ein Gedicht: Blutwurstravioli mit Dry Aged Lachs und Paprika Weinkraut.

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Hermann zeigt große Freude beim Teig Schlagen.

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Endspurt

Zeit für Thomas und Stephan, zum Grande Finale anzutreten. Mit Rieseneifer drehen sie die Topfenknödel – jeweils versehen mit einem Stück Nougat. „An mir ist wirklich ein Koch verloren gegangen“, stellt Thomas fest und übergibt einen Knödel nach dem anderen dem wallenden Wasser. Zu den Topfen-Nougat-Knödeln schenkt Hermann einen ganz besonderen Tropfen ein: „Etwas ganz Feines, das leider viel zu wenig konsumiert wird“, den Taylor’s 10 Year Old Tawny Port.

Würdiger Abschluss

Satt, zufrieden und natürlich stolz auf ein so gelungenes Menü freuen sich die Männer nun darauf, den Abend auch noch genussvoll ausklingen zu lassen. Doch man soll den Tag nicht vor dem Abend loben… Bevor der wohlverdiente Digestif an der Bar wartet, heißt es erst noch einmal „Alle Mann in die Küche!“ – der Abwasch wartet…

Unser Menü:

Gratinierte Jakobsmuscheln
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Blutwurstravioli
mit Dry Aged Lachs und
Paprika-Weinkraut
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Rosa gebratene Entenbrust
auf Spargel-Morchel-Ragout
und Kartoffel Pavé
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Topfen-Nougat-Knödel
mit Rhabarber-Himbeer-Sauce

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Jedes Gericht wird mit ganz viel Liebe zum Detail angerichtet.

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