„Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität.“
Viele ältere Semester werden sich dieser Aussage auf Punkt und Komma anschließen können. Klingt er doch wie der aktuelle Abgesang auf unsere Generation Z* und fühlt sich mitnichten unzeitgemäß an. Dass dieser Satz jedoch um einiges älter ist als unsere ältesten Leser und vom ewig kritischen Sokrates (470–399 v. Chr.) stammt, sollte umgekehrt jeden nachdenklich stimmen, der gerne zu derlei Verallgemeinerungen greift. Es ist eine sichere Konstante im Menschsein, dass wir von unserer Jugend im Allgemeinen enttäuscht sind. Im Umkehrschluss ist auch der Verdruss der Jugend immer wieder hoch, wenn es um Seniorität geht. So werden ältere oft als Blockierer und Ewiggestrige gesehen, die jede Veränderung im Keim zu ersticken versuchen, um ja nicht aus ihrer, über viele Jahre erarbeiteten, Komfortzone zu fallen.
In dieser Auseinandersetzung hat der Nachwuchs einen entscheidenden Vorteil: Er weiß es nicht besser. Wer hingegen im Leben schon fortgeschritten ist, hat einen Schatz an Erinnerungen, auf den er zurückgreifen kann und der ihm hilft, die Nachwachsenden besser zu verstehen. Viele Ältere kritisieren Klimaaktivisten, waren jedoch glühende Unterstützer der Hainburg- und Zwentendorf-Proteste. Viele Nachkriegskinder hätten sich auch ein wohlhabendes Elternhaus gewünscht, das in der Lage gewesen wäre, nach der Matura ausgedehnte Reisen zu finanzieren.
Aber, es ist auch dem Nachwuchs nicht verboten, aus fremden Erfahrungen zu lernen, leider finden sich diese nicht auf beliebten TikTok oder Instagram Kanälen. Wer sich die Zeit nimmt und sich mit einem Menschen fortgeschrittenen Alters zusammensetzt (oder nur unsere Titelgeschichte aufschlägt), wird am Ende überrascht sein, welcher Schatz an Lebensgeschichten hier zu finden ist. So sei den Jungen gesagt, legt euer Smartphone zur Seite, nehmt euch Zeit und hört zu! Fehler muss man nicht zweimal begehen und Erfahrungswissen lernt man nicht an Unis. Ihr verfügt in unserer Wohlstandsgesellschaft über einen Startvorteil, den es nicht auf den ersten Metern zu verlieren gilt. Wer heute lamentiert, man könne sich nichts mehr schaffen, möge sich in Erinnerung rufen, dass die Nachkriegsgeneration einen viel härteren Weg gegangen ist, der heutige Probleme oft als Kinkerlitzchen erscheinen lässt.
Aber auch die reiferen Jahrgänge haben keinen Grund, mit dem Finger auf die Jungen zu zeigen, sondern müssen im Gespräch die Verbindung zur Jugend suchen. Ich erinnere mich noch lebhaft an die 50-Jahr-Feier der Alpinen Ski WM in Gastein. Wenn Toni Sailer an der Festtafel seine Stimme erhob, so wurden alle (auch ich als noch ganz Junger) still. Nicht aus Höflichkeit, sondern weil die Erfahrung aus ihm sprach und er diese immer auf die herrschenden Verhältnisse übertragen konnte, ohne die aktuelle Situation zu verkennen. Er konnte zuhören, anerkennen und eine pointierte Meinung abgeben, in der sich ein jeder wiederfand. So wie man es sich von einem Mentor wünscht.
Wer Lebenserfahrung hat, muss diese auch teilen, aber dann die Jungen einfach mal machen lassen. Die Einstellung: „Weil es schon immer so war!“ muss endgültig beerdigt werden. Die Newcomer sind aber auch in der Pflicht, zuzuhören und das Wissen aus langen Jahren der Praxis in ihre Pläne zu integrieren. Und eines muss die Jugend ganz gewiss: Zeigen, dass sie hart und kreativ arbeiten und etwas schaffen kann, denn Anerkennung will verdient werden. Verstehen sich die Alten als Mentor und die Jungen als Motor, dann brauchen wir uns alle um die Zukunft keine Sorgen zu machen.
Dominic Schafflinger,
Redakteur SALZBURGER