
Kann „Mann“ eigentlich noch etwas richtig machen?
Text: Dominic Schafflinger Foto: Dominic Schafflinger
Diese Frage gilt nicht dem Individuum, sondern ganz pauschal dem Geschlecht. Erfolgreichen Männern droht der feministische Pauschalverdacht, die Hegemonie der männlichen Dominanz aufrecht zu erhalten, schließlich unterstütze der Erfolg und die Mitwirkung am herrschenden (patriarchalischen) System die Ungleichberechtigung der Frau. Dieses Totschlagargument gipfelt momentan im Unwort „Alter weißer Mann“, das jene beschreibt, die in Politik und Wirtschaft den Ton angeben und dafür arbeiten, dass für das männliche Geschlecht alles so bleibt, wie es schon immer war. Jene, die weniger Bildung oder beruflichen Erfolg haben und trotzdem ein „richtiger Mann“ sein möchten, laufen Gefahr, im rechten Lager zu landen. Dieses kapert mehr und mehr den Begriff, um abgehängte junge Männer für sich zu rekrutieren. Ist man noch zusätzlich Migrant, warten eben jene rechten Gruppierungen nur darauf, einem das Stigma des typischen männlichen Flüchtlings anzuhängen, der die abendländische Kultur unterwandert und nur darauf wartet, österreichischen Frauen aufzulauern.
Es ist schon bedrückend, egal ob alt oder jung, hier geboren oder eingewandert, immer gilt es, die Männlichkeitskeule zu fürchten. Bei Postfeministen en vogue ist auch das Mansplaining, bei dem der Mann auf herablassende Weise die Erfahrung und das Wissen von Frauen ignoriert, die Manterruption, bei der Frauen im Gespräch ständig unterbrochen werden, oder das Manspreading, bei dem Männer in öffentlichen Räumen mehr Platz einnehmen, weil sie zum Beispiel beim Sitzen die Beine spreizen.
Es scheint fast so, als könnten wir uns keinem Aspekt unserer Männlichkeit mehr sicher sein. Zwar geben die Mainstream-Medien zu bedenken, dass die Gesellschaft immer fluider werde, doch es hat den Anschein, dass dieser Fluss beim klassischen, ganz normalen Mann auszutrocknen drohe. Wer genau hinschaut, wird schnell erkennen, dass solche Debatten meist von Minderheiten geführt werden, die in ihrer Abgehobenheit völlig darauf vergessen haben, dass das Gemeinsame der Gesellschaft zählt. Sogar die Ikone des Feminismus, Alice Schwarzer, wendet sich inzwischen immer mehr von den jungen Postfeministen ab, die im Männlichen das Übel aller Dinge erkennen. Dafür wurde sie unlängst als Putin-Sympathisantin abgestempelt. Welch plumper Versuch der Mundtotmachung.
Was bleibt also uns Männern zu tun, um uns nicht in Pseudodebatten zu verlieren? Das Fundament bildet regelmäßige Selbstreflexion, ohne Tabus und in steter Regelmäßigkeit. Das kann ernüchternd, ja manchmal sogar schmerzhaft sein, verleiht allerdings authentische Bodenhaftung und weist so manche Richtung im Leben. Der römische Philosoph Seneca war überzeugt: „Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige.“ Wer aber weiß, was einen ausmacht und wohin er geht, den können auch die Shitstorms von tonangebenden Randgruppen nicht vom richtigen Kurs abbringen. Der beste Kompass dabei ist, einfach man selbst zu sein, anderen ebenfalls diese Freiheit zu lassen und Menschen, egal welchen Geschlechts oder welcher Neigung, so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden möchte. Dann ist die ganze Debatte über falsche oder richtige Männlichkeit nichts weiter als ein Sturm im Wasserglas.
Dominic Schafflinger,
Redakteur SALZBURGER